Blind Date & Tasting-Party in Lissabon – Wine goes wild.

Leere Weinflaschen zeugen von einem tollen Abend – so gewinnt man neue Winebuddys.

Vor ein paar Tagen haben mich neue Bekannte, drei lustige Vögel aus der Lissabonner Weinszene, angerufen und gefragt, ob ich heute an einer privaten Tasting-Party teilnehmen möchte. “Don’t worry, all details of the tasting will be kept confidential.“ „Of course, I’m in!“ habe ich zugesagt. „Ok, dann holen wir dich um so gegen halbacht ab.“ Der Abend wurde dann ganz lustig. Aber darüber spricht man nicht, denn „What happens at the tasting, stays at the tasting“, ein Winebuddys-Credo, frei nach Hangover.

Da mich aber viele Freunde und Wegbegleiter lange bequatscht haben, will ich die Geschichte dennoch erzählen. Es muss jedoch klar sein: alles berichtete ist fiktiv, die Handlung, alle trinkenden Menschen sowie die Ereignisse und Orte sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Tastings, betrunkenen oder nüchternen Wein-Enthusiasten wäre rein zufällig, ebenso die Ähnlichkeit zu Fischen. Ok?

Ein schöner Gedanke: Zu tun, was man tun möchte, fühlt sich sehr gut an.
Motto des Abends

20:30 Uhr: Um halb neun waren die Jungs dann da. Mit ein paar Flaschen kaltem Wegbier, naja, oft beginnt ein guter Weinabend in Portugal mit SUPER Bock. Kurz vor 9 kamen wir beim Gastgeber an, zusammen waren wir jetzt zehn Personen (davon genau 30 % Frauen), die sich alle (außer mir) beruflich mit Wein beschäftigen und hatten gute 20 Flaschen Wein am Start, meist aus Portugal. Der von mir mitgebrachte Wein (Ramisco Rose von Ramilo und der Lieblingsorange meiner Frau von der Adega Belem) kommen sehr! gut an; „very good stuff“. Oh, oh, es wird böse enden. Zu Begrüßung gibt’s erstmal Bubbles von Luis Pato (2013) und auch der Ramisco Rose (2020) wird unter Applaus gleich geöffnet.

Ein Tasting mit besonderen Weinen. Zum Beispiel mit einem extrem seltenen Ramisco.
Jeder hat mal klein angefangen, mein Ramisco hat es in die Startaufstellung geschafft.

21.00 Uhr: Los geht’s, mit, ich hätte es ahnen können, Blindverkostung! Für die Mädels und Jungs natürlich kein Problem. Ich bin jedes Mal fassungslos, in welcher Geschwindigkeit und Sicherheit die Profis das hinbekommen. Zwar habe hin und wieder die richtige Traube getroffen (bei Arinto und Encruzado oder Weinen, die ich gut kenne wie Caracol, geht das ganz gut), aber nicht das Weingut und nicht den Namen des Weins. (Einige Freaks diskutieren dann noch über den Jahrgang.) Aber mit jeder Flasche wird auch mehr Blödsinn geredet. „Hmm, ich finde der hat eine leichte Popcorn-Note“ (Lili Pop). „Ist das Zitronensaft?“, „Oh, bestimmt ein englischer Wein?“ „Ich schmecke nur Kork.“ Nett, dass sich immer einer findet, der für mich übersetzt. Die Flaschen leeren sich so schnell, wie der Alkoholspiegel steigt.

Die Zahl der leeren Weinflaschen wächst im Laufe des Abends.
Gesitteter Abend

22.30 Uhr: Halbzeit – und es gibt was zu essen. Die wirklich üppige Käseplatte und die Brote sind schneller verputzt als ein Kaninchen im Piranhasbecken. Dabei, Klatsch und Tratsch aus der portugiesischen Weinszene. „X verkauft jetzt Wein bei Pingo Doce“ (eine Supermarktkette, bähh, geht gar nicht) „Y schickt gefälschte Weine zum Wettbewerb“, „Z hat sich von seinem Winemaker getrennt“ und so weiter. Manchmal ist es eine Gnade nicht alles zu verstehen. Oder „Oh, Du kommst aus Deutschland, da lese ich immer schlimme Geschichten, stimmt das?“ „Äh, ja, zum Teil, aber…“ Jetzt sind noch irgendwoher zwei Schweizer dazugekommen, die waren vorher bei einem Gin-Tasting und bringen die angebrochene Flaschen mit, wenn die deutsch reden, verstehe ich kein Wort. Der Alkohol? der Dialekt? Beides!

Auch die leeren Weinflaschen an diesem wilden Winebuddys-Abend sind ein Genuss – dank der außergewöhnlichen Etiketten.
Portugal douze points

23.00 Uhr: weiter geht’s, sind ja noch ein paar Flaschen da. Die Frau des Gastgebers holt zwei Käsekuchen aus dem Ofen. Perfektes Timing, lecker. Dazu Carcavelos. Weiter geht’s, lustiger und lauter als in der ersten Halbzeit. Die Nachbarn beschweren sich, verständlich ist es.

00:00 Uhr: Die Ansage „seid mal ein bisschen leiser, die Nachbarn“ klappt wieder nicht.

Langsam wird es voll auf der Couch – mit leeren Weinflaschen.
Die armen Nachbarn

00:15 Uhr: Bringen wir mal Stimmung in die Bude: „Hey guys, what are your favourite grape varieties?“ = Paaarty. Wilde Diskussion: Arinto, nein Baga, Quatsch Touriga Franca, ganz klar Encruzado, denkt mal an Cerceal & Bical, geht mal mal mehr südlich, Negra Mole. Und international?: Riesling (da freut sich Axel), aber auch Chardonnay (ich dachte ABC), Nebbiolo (logo), Pinot Noir. And what about Germany? Riesling, Spätburgunder, ja, hatten wir schon und Frühburgunder (den kennt in Portugal kaum jemand). Dieses Thema ist immer ein Selbstgänger.

00:30 Uhr: Peeeeng auf dem Balkon; erste Müdigkeit – Zeit für Muntermacher, also wieder Bubbles. Die Korken fliegen bis zum Nachbarn. Der Gastgeber zaubert zwei Flaschen PetNat und zwei Flaschen portugiesischen Champus aus einem zweiten Kühlschrank, den wir noch nicht entdeckt hatten. Das ist besser als Kaffee.

Die Bilanz eines gelungenen Abends: jede Menge leere Weinflaschen, die all begeistert haben.
Ende vom Lied

1:00 Uhr: „Wie schön, da liegen ja noch mehr Champus-Flaschen“… Der Gastgeber liegt mittlerweile im Bett (der Champus wirkt nicht bei jedem), dafür sind zwei Nachbarn mit weiteren Flaschen rübergekommen. Die sind noch putzmunter.

1:30 Uhr: Ende! Genau richtig, ich bin einer der letzten und räume mit auf. Das hilft, das Image der Deutschen weiter zu verbessern. Ja, man tut, was man kann. << >>