Unser Leben braucht Regeln: Feuerwerk nur an Silvester, Blumen nur am Valentinstag, nicht bei Rot über die Straße, “no brown after six”, “no brown in town”, außergewöhnliche Weine nur zu außergewöhnlichen Gelegenheiten. Ihr ahnt es schon, ich der Outlaw vor dem Herrn, will diese unumstößlichen Regeln, die Basis jeder Kultur und Zivilisation in Frage stellen, Grenzen überschreiten, in unbekannte Welten vordringen. Ja, hier und jetzt. Fangen wir an mit: außergewöhnliche Weine nur zu außergewöhnlichen Gelegenheiten.
Zunächst ein paar Definitionen: In Eurem Kellern liegen viele außergewöhnliche Weine, richtig tolle Flaschen. Geschenkte Flaschen oder Entdeckungen im Weinladen, Beute beim Besuch auf einem Weingut, Erbstücke von Oma. Oft haben diese auch das „Weinbudget“ (bzw. die Erbschaftssteuer) richtig strapaziert. „Bist du jetzt völlig verrückt?! Soooo teuer?!, Du hast doch schon soviel Wein!“ Ja, Freunde, wir kennen das. In meinem Keller liegt ein Ramisco von 1965, diese Flasche habe ich gekauft mit dem Plan, sie zur perfekten Gelegenheit zu öffnen.
Die außergewöhnliche Gelegenheit: Weihnachten? Schwiegervater wird 100 Jahre alt? Du wirst vom „Leiter Vertrieb & Marketing“ zum „Head of Facility-Management“ befördert? Oder auch weniger spektakuläre Ereignisse? Hey, wir sind erwachsen, wir definieren, was eine außergewöhnliche Gelegenheit ist; wie der spontane Besuch eines Freundes am Donnerstagabend, um mein Austernmesser auszuleihen, da er seins bei Bekannte vergessen hat, die nach der Erbschaft von Oma und der Hausdurchsuchung der Steuerfahndung sehr spontan und kurzfristig nach Südamerika auswandern mussten.
So, nun haben wir alle Zutaten beieinander. Ein außergewöhnlicher Donnerstagabend, mein bester Ramisco, spontaner Besuch (wo ist das verdammte Austernmesser hin?). Also, Marshall-Box an, Judas Priest (wer ahnt welcher Song?) ein Stück Käse, ein paar Cracker auf den Tisch, After-Work-Party zu zweit im Weinkeller; warum ist die Flasche so schnell leer geworden? Zum Glück habe ich noch den Ramisco Rose von Nunu Ramilo im Kühlschrank, nicht ganz optimal temperiert, aber das geht schnell. Auch die ist irgendwann leer. Und zwei Dosen portugiesische Sardinen auch. Toller Abend, ungeplant. Guter Wein, gute Stimmung, gutes Gespräch, lustig, ernst, anregend, kurzweilig. Danke dafür.
Vorsatz für das neue Jahr: aus normalen Donnerstagen und spontanen Besuchen wegen einer Kleinigkeit einen außergewöhnlichen Tag mit Erinnerungspotential schaffen. Und das klappt nicht nur donnerstags.
Frohes Neues für Euch!